Mitgliederportrait – Robert Schmid

Dass das kein ungewöhnliches Szenario ist, weiss ein SMAC-Mitglied so gut, wie kaum ein anderer:

Als Robert Schmid 2013 die alteingesessene „Garage Speich“ im Zürcher Seefeld übernahm, erbte er sozusagen gleich seinen ersten komplizierten Fall. Ein 12-Zylinder Hispano Suiza, der schon mehrere Jahre fahrunfähig in der Garage eines Marken-Spezialisten Frankreich herumstand. Die Wasserpumpe aus Alu-Guss hatte ihre Funktion aufgegeben. An eine Reparatur des Teils war nicht zu denken. Der gesamte Alu-Guss war über die Jahre so weich geworden, dass er sich einfach nicht mehr instand setzen liess. Aber eine wirkliche Lösung hatte auch der französische Spezialist nicht.

So ungewöhnlich wie sein Lebenslauf und wie er Besitzer der Garage Speich wurde, so ungewöhnlich ist auch die Art und Weise, mit der Robert Schmid das Problem der Hispano Suiza Wasserpumpe anging. Und genauso konsequent ist es dann, dass wir uns an einem verregneten Frühlingstag zunächst nicht in seiner Garage, sondern bei Sauber ­Engineering in Hinwil an einem der modernsten 3D-Drucker treffen, die es aktuell gibt. Aber vielleicht fangen wir erst mal der Reihe nach an.

Nach einer Ausbildung als Automobil-Mechaniker und Auto­mobil-Diagnostiker zog es Robert Schmid recht schnell aus der Werkstatt ins Büro. Zunächst beim Schweizer BMW Importeur. Und mit einem EMBA-Abschluss in der Tasche danach ins Automobil-Leasing Geschäft. Bei allem beruflichen Erfolg in der Corporate-Welt fehlte ihm aber irgendwie immer die Hands-on-Atmosphäre, wie er sie aus seiner Garagenzeit kannte. Als er eines Tages erfuhr, dass die Garage Speich zum Verkauf stand, war er schnell bei der Sache. Keine drei Monate später war der Deal perfekt. Er Besitzer einer Old­timer-Garage. Und des Problems mit der Wasserpumpe. 

Er beschloss zunächst einmal, das mächtige Automobil aus Frankreich nach Zürich zu holen, um sich vor Ort des Problems anzunehmen. Da es weder Konstruktionszeichnungen, noch sonstige Informationen zu dem defekten Teil gab, musste es anhand des Originals quasi neu entwickelt werden. Reverse-Engineering war schon damals nicht wirklich neu – aber super aufwendig, wenn man es manuell betrieb. Das musste anders gehen! Dafür musste es eine neue Technologie ­geben! Robert Schmid wandte sich an die Forscher der ETH Zürich, die sich zu Forschungszwecken mit dem ­3D-Scannen von komplexen Teilen befassten.

DER 3D-DRUCK ERÖFFNET DEM OLDTIMER- RESTAURATOR VÖLLIG NEUE MÖGLICHKEITEN.

Die schafften es auch relativ schnell, aus der Wasserpumpe ein exaktes 3D-Abbild zu erstellen. Das dann allerdings noch sehr weit von dem entfernt war, was für eine Nachproduktion notwendig gewesen wäre, denn das gescannte 3D-Abbild bildete auch alle Defekte der Wasserpumpe mit ab. In mühevoller Arbeit wurden diese im 3D-Modell erst einmal beseitigt, sodass daraus ein Kunststoff-Rohling erstellt werden konnte, der dann im klassischen Guss-Verfahren nachgefertigt wurde. Super aufwndig und vom Prozess her für einen Perfektionisten wie Robert Schmid noch nicht wirklich befriedigend. Aber nach drei Monaten lief der 12-Zylinder zumindest wieder. Und Robert Schmid hatte eine Lektion gelernt: Innovation und Tradition gehören untrennbar zusammen. Aber bei der Innovation gibt es keinen Stillstand. Nur wer auch bei der Oldtimerei immer an der Spitze der Innovation dabei ist, kann seinen Kunden die besten Lösungen für scheinbar unlösbare Probleme bieten. Der 3D-Druck ist eine dieser Lösungen. Zunächst galt das nur für eher unspektakuläre, technisch weniger anspruchsvolle Teile, die aber für den Gesamteindruck eines Klassikers ausschlaggebend sein können. Die Kunststoff-Türgriffschalen eines Alfa Romeo Montreal gehören zu dieser Kategorie. Für das Funktionieren des Autos nicht wirklich ausschlaggebend. Für eine perfekte Restauration hingegen schon. Und natürlich: Nicht mehr lieferbar. Also liess Robert Schmid die Türgriffschalen im 3D-Druckverfahren für sich herstellen. Weil der Aufwand vor allem in der Vorarbeit liegt und nicht in der Produktion, kamen aus dem Drucker gleich zwanzig Stück, obwohl er für seinen Restaurierungskandidaten nur zwei brauchte. Die restlichen legte er aufs Lager – mittlerweile hat sich in Montreal-Kreisen herumgesprochen, dass es die bei ihm gibt, sodass sein Lagerbestand heute fast aufgebraucht ist. 

Dank neuester 3D-Druckmethoden lassen sich auch filigrane Details wie diese Hispano-Suiza-Kühlerfigur nachfertigen. Selbst exotische Materialien und Oberflächen sind kein Problem mehr.

Aber in Zeiten des 3D-Drucks geht man das Thema „Lagerbestand“ ohne-hin anders an, wie wir bei unserem Besuch bei Sauber Engineering erfahren. Im gleichen Gebäude, in dem auch die Boliden des Alfa Romeo Racing ORLEN Formel-1-Teams entstehen, lässt Robert Schmid seit Kurzem Old- timerteile fertigen. Als wir vor Ort sind, wird da allerdings gerade die Aufnahme für die Vorderradaufhängung des Alfa Romeo Racing ORLEN Renners gedruckt. Hochfest aus Titan. Vor allem aber: on demand. Klassische Lagerhaltung von Ersatzteilen gibt es praktisch nicht mehr, da die Formel-1-Fahrzeuge ohnehin permanent weiterentwickelt  werden, würde das auch keinen Sinn machen. Stattdessen werden viele Teile einfach dann neu „gedruckt“, wenn das Team von der Rennstrecke einen Schaden feststellt und Bedarf signalisiert. Innerhalb weniger Stunden – höchstens Tagen – ist so ein Teil dann fertig und kann gegebenenfalls direkt an die Rennstrecke geschickt werden.
Ganz so eilig haben wir es mit unseren Klassikern sicher nicht – immerhin geniessen wir mit ihnen ja auch die Kunst der Entschleunigung. Aber wenn mal was kaputt geht, hätten wir ihn schon gerne wieder möglichst schnell in einem fahrbereiten Zustand. Im Gegensatz zu seinen ersten Kontakten mit der ETH spricht Robert Schmid heute bei Sauber Engineering direkt mit den Fahrzeug-Ingenieuren. Man trifft sich sozusagen in der gleichen Welt, spricht die gleiche Sprache. Das 3D-Scannen eines Teiles erfolgt bei Sauber Engineering auf drei unterschiedliche Arten. Neben dem Einsatz eines Laserscanners, kann auch mechanisch gescannt werden. Oder optisch, wobei feine Raster auf das Teil projiziert werden, anhand deren Abweichung dann auch feinste Details abge- nommen werden können, sodass die Teile, die aus den 3D-Druckern purzeln praktisch schon bearbeitete Qualität haben. Egal, ob es sich um Metallteile aus Alu oder Titan handelt, oder um Kunststoff- und sogar Kohlefaserteile. Die Möglichkeiten scheinen endlos – für Robert Schmid hat die Reise auf die nächste Stufe der Innovation an dieser Stelle gerade erst begonnen. 

  Den Sauber-Ingenieuren scheint die Zusammen- arbeit mit dem Oldtimer-Spezialisten jedenfalls Spass zu machen. Robert Schmid ist trotz des miserablen Wetters mit einem MG-A nach Hinwil gefahren – sehr zur Freude der Sauber-Ingenieure, die damit gleich mal eine Runde um das Firmengelände drehen wollten. Brauchte es noch eines weiteren Beweises, dass Tradition und Innovation eine perfekte Paarung abgeben? 

TRADITION UND INNOVATION – BEI ROBERT SCHMID EINE PERFEKTE PAARUNG.

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